Digitale Kirche
Im Jahre 2017 schrieb Hannes Leitlein seinen vielbeachteten Artikel, der die Debatte um Kirche in der digitalen Welt sehr viel beschleunigte und der nicht zuletzt mit dem Hashtag #digitaleKirche sehr viel zusammenführte, was bis dahin nur fragmentarisch existierte. Viel ist seither diskutiert worden, und durch die veränderte Situation der Welt durch die Pandemie hat sich diese Debatte auch nochmal verändert. Und doch: zentrale Fragen werden noch immer nicht gestellt.
Wenn wir uns ansehen, welche Unternehmen und Organisationen in der digitalen Welt erfolgreich sind und wachsen, fällt eine Diagnose leicht: es sind keine Unternehmen, die ihr bis dahin existierendes Geschäftsmodell aus dem analogen Raum in den digitalen Raum übernommen haben — ja, die wirklich großen Akteure haben eine Struktur, die in analogen Räumen auch überhaupt keinen Sinn machen würde, weil sie sich so sehr auf die Soziologie des Digitalen ausgerichtet haben. Als Netflix nur eine Videothek war, über die man per Web-Formular Videos bestellen konnte, die man dann geschickt bekam, was es nicht so erfolgreich. Facebook und Google sind Unternehmen, die ohne Internet überhaupt keinen Sinn machen würden. Und auch Apple hat erst durch iPhone und iPad so sehr an Unternehmensgröße gewonnen — auch das Produkte, die ohne die Verbreitung der Digitalisierung keinen Sinn gemacht hätten.
Und Kirche? In welcher Weise sucht Kirche nach Strukturen, die im digitalen Raum Erfolg versprechen? Wo findet die Reflektion statt, wie eine angemessene Ausdrucksform des kirchlichen Auftrags in eine so radikal veränderte Welt aussieht? Darüber, dass man Gottesdienste medienadequat gestalten muss — und Kirche das ja auch für den copräsentisch gefeierten Gottesdienst sehr detailliert tut — habe ich ja an anderer Stelle schon geschrieben. Aber: ist Gottesdienst wirklich die Form, die dem Evangelium im digitalen Raum am Besten dient?
Mit den Antworten des 20. Jahrhunderts — oder des 19. Jahrhunderts, das ja an einigen Orten nun doch theologisch stark rezipiert wird–kommen wir im 21. Jahrhundert möglicherweise nicht so arg weit …